Zirkuläres Produktdesign

Handlungsfeld 1: Zirkuläres Produktdesign

Zirkuläre Produktentwicklung (engl. Circular Design) ist ein Designansatz, bei dem von Anfang an mitgedacht wird, was am Ende des Produktlebenszyklus geschieht. Das steht im Gegensatz zum traditionellen linearen Design, welches auf den kurzen Verbrauch ausgerichtet ist. Produkte im heutigen linearen Wirtschaftssystem werden häufig durch neue ersetzt, wenn sie kaputt gehen, weil sie aufgrund des Designs schwer reparierbar sind. Teilweise werden Produkte sogar absichtlich so gestaltet, dass sie nach einer bestimmten Nutzungsdauer an Funktionalität verlieren oder defekt werden („geplante Obsoleszenz“). Die Recyclingfähigkeit der Materialien und Komponenten spielt eine geringe Rolle. Es kommen vorwiegend Primärrohstoffe zum Einsatz, und häufig enthalten Produkte problematische Inhaltsstoffe und nicht-kreislauffähige Verbundmaterialien.

Das kreislauf-orientierte Produktdesign bricht mit dieser Logik. Ein „zirkuläres“ Produkt ist so gestaltet, dass in jeder Phase seines Lebenszyklus die verwendeten Ressourcen optimal genutzt und Abfälle minimiert werden können – vom Design über die Materialauswahl und die Produktion bis hin zur Nutzung und schließlich zur Rückholung und Wiederverwendung, Wiederaufbereitung oder Rückgewinnung. Produkte, Komponenten und Rohstoffe bleiben so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf erhalten.


Unsere Tipps für zirkuläres Produktdesign:

Materialverbrauch reduzieren

Überprüfen Sie im Produktionsprozess systematisch, wie der Materialverbrauch minimiert werden kann, z.B. durch dünnwandigere Design-Lösungen, Vermeidung überflüssiger Teile oder der Wiederverwendung von Ausschüssen.

Beispiel: Das aus Dortmund stammende Maschinenbauunternehmen Wilo hat den Einsatz von Kupfer, Eisen und Aluminium bei seinen Pumpen reduziert, indem es den herkömmlichen Motor durch einen kleineren, aber ebenso leistungsstarken ersetzt hat. Mehr dazu im Praxisbeispiel Wilo.

Nachhaltige Materialien verwenden

Wählen Sie in Zusammenarbeit mit Ihren Lieferanten und Abnehmern für das Produktdesign Rohstoffe aus, die einfach recycelt werden können. Dies kann bedeuten, dass das Produkt aus leicht trennbaren Materialien besteht und keine schädlichen Substanzen enthält. Auch die Stoffreinheit seiner Materialien ist von Bedeutung. Stoffreine Materialien sind in der Regel einfacher zu recyceln, da keine Trennung von anderen Materialien erforderlich ist.

Oft können Sie traditionelle Materialien durch nachhaltigere, umweltfreundlichere oder effizientere Optionen ersetzen, z. B. Rezyklate statt Primärmaterialien, biologisch abbaubare Materialien anstelle von konventionellem Plastik oder Hanf anstelle von Baumwolle.

Beispiel: Die Sapor GmbH stellt Trockenseifespender und feste Seifen her. Der aktuelle Materialmix der Seifenspender besteht aus Recyclingkunstoff mit 75 % Pflanzenfasern aus Gras. Das Material wird in einem eigenen Recyclingkreislauf geführt kann bis zu fünf Mal wiederverwendet werden. Zudem haben die Seifenspender eine jahrzehntelange Lebensdauer. Mehr dazu im Praxisbeispiel Sapor.

Modularität und Upgradefähigkeit sicherstellen

Machen Sie Ihr Produkt nachrüstbar. So wird es Nutzerinnen und Nutzern ermöglicht, neue Funktionen hinzuzufügen, Teile auszutauschen, Software zu aktualisieren oder die Leistung zu steigern, ohne das gesamte Produkt ersetzen zu müssen.

Beispiel: Shiftphone aus Deutschland und Fairphone aus den Niederlanden bauen ihre Smartphones konsequent modular auf. Die Geräte besitzen zahlreiche Teile, die von Verbrauchern einfach selbst ersetzt werden können. Nichts ist verklebt, zum Entfernen reicht ein einfacher Schraubendreher. Außerdem bieten die Hersteller einen längeren Software-Support für das Android Betriebssystem als marktüblich. Mehr dazu unter shiftphones.com und fairphone.com.

Lebensdauer verlängern

Gestalten Sie Ihr Produkt widerstandsfähig. Durch die Wahl robuster Materialien, austauschbarer Verschleißteile und Schutz vor äußeren Einflüssen wie Wetter wird seine Langlebigkeit und Zuverlässigkeit auch unter herausfordernden Bedingungen gewährleistet.

Vereinfachen Sie das Reparieren. Abhängig vom Produkt könnte dies bedeuten, dass es leicht zerlegbar ist sowie benötigte Informationen, Ersatzteile und Services leicht verfügbar sind.

Beispiel: ZINQ aus Gelsenkirchen schützt Stahl vor Korrosion durch Feuerverzinken. Das Unternehmen setzt auf eine zirkuläre Geschäftsstrategie, indem es innovative, Cradle-to-Cradle©-zertifizierte Oberflächen für den Stahlsektor entwickelt. Der Lebenszyklus der Produkte kann so deutlich verlängert werden. Mehr dazu im Praxisbeispiel ZINQ.

Gesamten Lebenszyklus betrachten

Analysieren Sie bereits in der Entwicklungsphase sorgfältig die spätere Verwendung und die erforderlichen Funktionen, um eine lange Nutzungsdauer zu gewährleisten. Insbesondere bei Elektronikprodukten spielt auch der spätere Energieverbrauch eine große Rolle.

Mit geeigneten Indikatoren zur Messung der Umwelteffekte können Sie die Auswirkungen auf die Umwelt quantifizieren, wie z.B. CO2-Emissionen, Wasserverbrauch, Energieeffizienz oder Abfallaufkommen.

Beispiel: Einen international anerkannten Standard für Umweltmanagement und Ökobilanzverfahren bieten Normen der International Organization for Standardization (ISO). Die ISO 14001 legt Anforderungen an ein Umweltmanagement-System fest (Beispiel: Nachhaltigkeitsbericht WILO 2022). Die Lebenszyklusanalyse wird in der ISO 14040 beschrieben (engl. Life Cycle Assessment, LCA).

Sie umfasst vier Phasen:

  • Zieldefinition
  • Sachbilanz: Quantifizierung aller relevanten Input- und Outputströme
  • Wirkungsabschätzung: Relevanz einzelner Wirkungskategorien
  • Auswertung: Ergebnisse aus Sachbilanz und Wirkungsabschätzung werden zusammengeführt und daraus Schlussfolgerungen und Empfehlungen abgeleitet

Weiterführende Information: https://www.ressource-deutschland.de/leitfaden-re/methoden/oekobilanz-din-en-iso-14040/44/

 

Weitere Informationen und Unterstützungsangebote

Nachhaltigkeit von Lebensmittelverpackungen. Das Prosperkolleg Rethink-Paper stellt eine systematische Bewertungsmatrix vor und erläutert ihre Anwendungsgründe.

Circular Design Guide, der renommierten Ellen MacArthur Foundation. Die englische Website bietet Werkzeuge, Techniken und Fallstudien zum Circular Design.

ecocockpit der Effizienz-Agentur NRW (EFA). Das webbasierte Tool unterstützt produzierende Unternehmen dabei, eine individuelle und normenkonforme CO2-Bilanz zu erstellen. Das Tool ist kostenfrei und in wenigen Schritten zu bedienen.

CIRCO-Workshop der Effizienz-Agentur NRW (EFA) zum Thema “Mehrwert durch Circular Design”. In kostenfreien Workshops können Sie konkrete zirkuläre Geschäftsmodell- und Designstrategien für Ihr Unternehmen entwickeln.

 


Autorin: Beatrice Beitz