CEresearchNRW: Umweltpsychologie & kommerzielles Upcycling

Friederike von Unruh vom Prosperkolleg Team.

von Friederike v. Unruh

Am 06.05.2021 waren Prof. Dr. Ellen Matthies (Otto-von-Guericke Universität Magdeburg) und Prof. Dr. Monika Imschloß (Leuphana Universität Lüneburg) im Web-Seminar des CEresearchNRW Netzwerks zu Gast, um über ihre Forschung zum Thema Umweltpsychologie und nachhaltige Konsumforschung, insbesondere kommerzielles Upcycling, zu sprechen.

Psychologische Ansatzpunkte zur Förderung von Ressourcenkompetenz

Zu Beginn Ihres Vortrags ging Prof. Dr. Ellen Matthies zunächst auf die Umweltpsychologie ein. Sie befasst sich damit, wie gebaute Umwelten auf den Mensch wirken, aber auch wie Menschen mit ihnen interagieren. Zudem beschäftigt sich die Umweltpsychologie mit der Frage, wann Menschen umweltbewusst handeln.

Anfang der 80er Jahre erhielt die umweltpsychologische Forschung einen Boom zum Thema Recycling. Man untersuchte, welche Maßnahmen die Menschen dazu anregen, Müll zu trennen und zum richtigen Zeitpunkt vor die Tür zu stellen. Jacobs & Bailey (1982/83) fanden heraus, dass nicht nur Belohnung, sondern auch Informationen, wie zum Beispiel ein Erinnerungszettel, eine wichtige Rolle spielen. Dies gilt nur, wenn die Informationen mit einer normaktivierenden Botschaft herausgegeben werden. Damit wandelte sich der Forschungsschwerpunkt hin zur sozialpsychologisch geprägten Forschung zum Umweltverhalten. Hieraus entwickelten sich später Analysen, die auf die Rolle von Normen beim Thema Recycling eingehen. Andere Studien[1] untersuchten, wie Eltern beim Recycling auf ihre Kinder einwirken können. Denn das Kind wird durch das Verhalten der Eltern selbst geprägt. Diese Normen sind höchst relevant beim Recycling.

Zudem ging Prof. Dr. Matthies auf die psychologische Forschung zum Alltagshandeln ein. Diese beschäftigt sich neben Recycling und Müllvermeidung mit Themen wie Energiesparen, Mobilitätsverhalten und Konsum. In den letzten 5-10 Jahren spielt auch die Suffizienz eine Rolle in der Forschung. Zudem wurde erläutert, welche Verhaltensweisen bei der Circular Economy relevant sind und welche psychologischen Faktoren wir kennen. Typische Verhaltensweisen sind Mülltrennung sowie Rückführung von Wertstoffen in den Kreislauf, Kauf von gebrauchten oder upgecycelten Produkten, Reparatur defekter Produkte und die gemeinsame Nutzung von Dingen oder die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Technologien.

Für die Rückführung der Wertstoffe in den Kreislauf sind das Problembewusstsein und das Wissen der Nutzer:innen wichtige psychologische Faktoren. Informationssysteme sollten ausgebaut werden und Nutzerintegration gefördert werden. Bei den Second-Hand-Produkten spielen vor allem die Motivation, Normen, (Verhaltens-)Kosten und Verfügbarkeit der Produkte eine wichtige Rolle. Um den Kauf gebrauchter Produkte zu verstärken, müssen Normen etabliert und sichtbar gemacht werden. Auch beim Reparieren spielen Normen eine wichtige Rolle sowie soziale Herausforderungen. Soziotechnische Innovationen sollten deshalb gefördert werden. Bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle ist die Neugier von großer Bedeutung. Neben der Förderung von Innovationen ist die Vernetzung ein entscheidender Ansatz. Die Circular Economy und die Beteiligung des Individuums umfasst verschiedene Rollen der Akteure mit unterschiedlichen Maßnahmen. Damit Normen sich verändern, benötigt man Akteure, die neue Ideen stützen.

Kommerzielles Upcycling

In einem zweiten Vortrag sprach Prof. Dr. Monika Imschloß über die Förderung des nachhaltigen Konsums durch kommerzielles Upcycling. Dies ist ein wichtiges Thema, da wachsende Abfallberge heutzutage immer noch ein ungelöstes Problem darstellen. Befragungen zeigen, dass die Abfallvermeidung eines der drei wichtigsten Umweltthemen ist.[2] Zudem belegen weitere Studien, dass Verbraucher:innen bereit sind ihr Konsumverhalten zu verändern.

Ein Thema, was in diesem Zusammenhang in letzter Zeit deutlich an Bedeutung gewonnen hat, ist das kommerzielle Upcycling. Dabei verwenden Unternehmen Abfallprodukte oder nicht mehr gebrauchte Produkte und verändern diese so, dass sie für die Konsument:innen einen neuen Zweck erfüllen. So entsteht aus einer alten LKW Plane zum Beispiel eine Umhängetasche. Auch wenn Upcycling in der Praxis immer populärer wird, existieren nur wenige Studien, die upgecycelte Produkte und die Wahrnehmung der Konsument:innen untersuchen.

Im Folgenden stellte Prof. Dr. Imschloß ein in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl von Prof. Völckner (Universität zu Köln) durchgeführtes Forschungsprojekt vor, welches die Reaktion von Verbraucher:innen auf Upcycling-Produkte untersucht sowie Strategien für Hersteller und Händler und gesellschaftliche Implikationen erforscht. In mehreren experimentellen Studien wird gezeigt, dass Upcycling Produkte (z.B. eine Tasche aus altem Bootsstoff) im Vergleich zu regulären Produkten (z.B. eine Tasche aus normalem Stoff) zu positiven Reaktionen auf Seiten der Verbraucher:innen führen (z.B. höhere Kaufabsicht).

Im Hinblick auf Strategien für Hersteller und Händler zeigen die Studien des Forscherteams, dass Upcycling-Produkte zu einem geringeren Ausmaß als reguläre Produkte davon profitieren, wenn sie mit einem zusätzlichen Umwelt-Claim beworben werden. Zudem wurde untersucht, ob die Unternehmensgröße entscheidend ist, um von Upcycling-Produkten zu profitieren. Dabei wurde auch unterschieden, ob das Upcycling-Produkt vollständig oder nur teilweise aus alten Produkten besteht. Bei den kleineren Unternehmen ist der Effekt deutlich geringer, ob sie partiell oder ganz upgecycelte Produkte anbieten. Bei größeren Unternehmen ist ein positiver Effekt erkennbar, wenn das Upcycling-Produkt komplett aus alten Produkten besteht.

Im Hinblick auf gesellschaftliche Implikationen, wurde zudem anhand eine Langzeitstudie gezeigt, dass die alleinige Exposition gegenüber Upcycling-Information Menschen dazu anregen kann, sich mit ihrer Einstellung sowie ihrem Verhalten gegenüber der Umwelt auseinanderzusetzen.

[1] Matthies et al., 2012

[2] Vgl. Ipsos Global Advisor, 2018: Gobal views on the environment